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Abschied von Vikarin Thara Klein

Last updated on August 5th, 2018

Im April 2017 hat unsere Gemeinde Vikarin Thara Klein aus Deutschland mit großer Freude willkommen geheißen. Obwohl uns das gefühlt wie gestern vorkommt, ist es nun schon beinahe Zeit, ihr auf Wiedersehen zu sagen. Wir haben uns mit Thara hingesetzt und mir ihr über ihre Zeit hier in der MLK und in Toronto gesprochen.

Du hast ein Jahr als Vikarin in der MLK verbracht. Wenn du zurückschaust auf das vergangene Jahr, gibt es da ein oder zwei besondere Momente, die du mit uns teilen möchtest?

Es gibt natürlich unglaublich viele wundervolle Momente und es fällt mir schwer, nur ein oder zwei auszuwählen. Ich denke, die ganz besonderen Momente waren die, in denen ich gespürt habe, wie gesegnet ich bin.

Ich erinnere mich daran, dass nach einem Gottesdienst jemand zu mir kam und mir sagte, meine Predigt habe ihn wirklich berührt; und das konnte ich diesem Menschen ansehen. Dieser Moment war so stark, dass mir fast die Tränen kamen.

Ein anderes Mal war ich wirklich unzufrieden mit meiner Predigt und hatte schlecht geschlafen; und da kam nach dem Gottesdienst ein Mann zu mir und erzählte mir, dass er noch nie zuvor bei uns im Gottesdienst gewesen sei, aber dass er sehr dankbar dafür sei, dass unsere Türen offen gewesen seien, denn er habe gerade seine Mutter verloren und hätte einfach einen Platz gebraucht, an den er gehen konnte.

Manchmal gibt es diese Momente, in denen ich das Gefühl habe, dass ich genau das tue, was ich tun soll. In solchen Momenten wird mir bewusst, was für ein großes Privileg und was für ein Segen es ist, als Vikarin/Pastorin arbeiten zu dürfen. Dieses Gefühl ist wundervoll … und gleichzeitig demütigend.

Hat dich irgendetwas überrascht? Gab es Dinge in unserer Gemeinde oder in der Stadt, an die du dich erst gewöhnen musstest?

vikarin thara mit lutherIn Deutschland hatte ich nie ein Büro mit irgendjemandem teilen müssen. Dementsprechend hatte ich erwartet, dass es ein wenig dauern würde, bis ich mich daran gewöhnen würde, jede Woche so viele Stunden umgeben von anderen Menschen zu verbringen. Aber von Anfang an war die Atmosphäre im Büro so großartig, dass mir meine Arbeit sogar leichter fiel. Es ist ein großer Segen, von Menschen wie Marlena, unserer pastoralen Assistentin, und Pastor Christian umgeben zu sein und dann auch noch von anderen Menschen für wenige Minuten oder mehrere Stunden aufgesucht zu werden. Meistens war die ganze Atmosphäre im Büro (und auch sonst in Kanada) so viel entspannter, als ich es gewohnt war; und das machte es so viel einfacher, das Arbeiten (und das Leben) zu genießen. Es gab so viele Stunden, die gefüllt waren mit großartigen Unterhaltungen, viel Lachen, Spaziergängen am See, … Und ja, all das hatte mit der Arbeit zu tun. Man könnte sagen, wir haben viel Multitasking betrieben. 😉

Insgesamt hatte ich nicht so viel Optimismus, Höflichkeit und Hilfsbereitschaft erwartet. Natürlich hatte ich schon von der bekannten kanadischen Höflichkeit gehört. Aber es ist so viel mehr als nur Höflichkeit. Es ist eine Lebensweise, die so viel gnädiger und liebevoller ist, dass es mir schwerfällt, sie in Worte zu fassen.

Kurz nach deiner Ankunft aus Deutschland hast du den Wunsch geäußert, neue Gottesdienst- und Gemeinschaftsformen kennenlernen und mehr über die Rolle der Kirche in einer sich wandelnden Gesellschaft erfahren zu wollen. Ist es dir gelungen, während deines Aufenthaltes in Toronto einige Antworten zu finden?

Eine Sache, die mir dazu gleich einfällt, hat damit zu tun, was uns der indigene Bischof am Ende der Reformationsprozess gefragt hat: „Wie und wo sollten wir das Evangelium heutzutage verkündigen?“

Ich denke, sobald wir unsere Herzen öffnen und/oder unseren Verstand benutzen, können wir sehen, wie unglaublich viele Menschen es gibt, die uns brauchen, die uns brauchen, damit wir ihnen von Gottes Liebe und seiner wundervollen Gnade erzählen, ihnen Hoffnung geben. Und oft haben diese Menschen kein Interesse daran, am Sonntagmorgen in die Kirche zu gehen. Aber das ist okay. Es gibt andere Wege und Möglichkeiten. Pastorin Dawn (Erste Lutherische) z.B. hat vor einiger Zeit ein Gottesdienstformat in einem Pub ins Leben gerufen. Und Iris, unsere Vizepräsidentin, leitet den Trommelkreis unserer Gemeinde. Gott hat uns so viele Begabungen gegeben. Es liegt an uns, diese zu nutzen. Manchmal kann das an einem Sonntagmorgen in einer Kirche sein. Und manchmal eben mit Trommeln an einem Mittwochvormittag vor unserer Kirche.

Ich denke, es gibt unzählbar viele Wege, wie wir Gottesdienst und Gemeinschaft erfahren können, es gibt unzählbar viele Orte und Formen, das Evangelium zu predigen. Neue Wege zu finden, ohne die alten aufzugeben, ist Teil der Aufgabe der Kirche. Du musst wissen, wer du (als einzelner Christ oder auch als Gemeinde) bist, du musst wissen, was dein Auftrag, deine Berufung, ist, und dann musst du deinen eigenen Weg finden, dieser Berufung zu folgen, sodass die Welt die gute Nachricht hören kann.

Hattest du die Möglichkeit, in deiner Freizeit Kanada ein wenig zu erkunden?thara east coast

Ja, ich habe einige Ecken dieses wunderschönen Landes sehen können; aber natürlich nicht ansatzweise so viel, wie es mir lieb gewesen wäre. Im Juli bin ich mit dem Zug nach Ottawa, Québec City und Montréal gefahren, und im September bin ich zusammen mit unserer damaligen Praktikantin Alena nach Saint John geflogen, von wo aus wir nach Moncton, zu den Hopewell Rocks, nach Halifax, Peggy’s Cove, Lunenburg und dann (mit der Fähre) zurück nach Saint John gefahren sind.

Gibt es irgendetwas, das du jemandem, der bei uns Vikar/in werden möchte, mitgeben würdest?

Zunächst möchte ich erwähnen, dass ich natürlich nur empfehlen kann,  (Auslands-) Vikar/in in der MLK zu werden! Für mich war dies eine wundervolle Erfahrung. Ich bin so dankbar, diese Möglichkeit erhalten zu haben, und so froh, dass ich mich für diese Gemeinde entschieden habe.

Ein Grund für meine Dankbarkeit ist, dass ich mich ab dem ersten Moment in der MLK nicht nur willkommen, sondern auch wirklich angenommen gefühlt habe. Deshalb denke ich, dass meine erste Empfehlung an einen Nachfolger/eine Nachfolgerin wäre: Sei du selbst und zeige dich! Erlaube dir, zu fühlen, und teile mit, was du fühlst (und denkst)!

Und dann würde ich sagen: Genieß die großartige Atmosphäre im Büro, genieß die wunderschönen englischen Hymnen, genieß die Spaziergänge am Seeufer, genieß die Treffen mit anderen Pastoren, … Genieß einfach das Abenteuer, was vor dir liegt!

Was glaubst du, wird dir nach deiner Rückkehr nach Deutschland am meisten fehlen?

Vicar Thara Klein by the lakeDie Menschen und ihre Lebensweise. So viele der Menschen hier sind Teil meines Lebens geworden, sind Teil davon, wer und was ich bin, und so kann ich mir gerade noch kaum vorstellen, sie nicht mehr regelmäßig zu sehen. Mir wird fehlen, wie Christian mich herausfordert, mir wird fehlen, wie Marlena Telefonanrufe beantwortet, mir wird Iris‘ Tatkraft fehlen, mir wird Tanyas Hilfsbereitschaft fehlen, … Ich werde den Optimismus der Menschen und ihre Sicht auf die Dinge vermissen.

Ich erinnere mich an mein erstes Wochenende in Kanada. Wir waren im Camp Lutherlyn und ich bin einen Pick-up-Truck gefahren, obwohl ich so ein Auto noch nie zu vor gefahren war und nur einmal zuvor überhaupt Automatik benutzt hatte. Aber jemand sagte zu mir: „Keine Sorge, ich werde es dir erklären und dir zeigen, was du machen musst. Schritt für Schritt. Gemeinsam kriegen wir das schon hin. Wenn nicht beim ersten, dann beim zweiten Versuch.“

Diese Geschichte fasst für mich so viel i.B. auf die kanadische Lebensweise zusammen.

Was erwartet dich als nächstes, nun da deine Zeit in der MLK zu Ende geht?

Ende April werde ich erfahren, in welcher Gemeinde der Nordkirche ich als Pastorin arbeiten werde. Im Juni wird meine Arbeit dort dann offiziell beginnen und im selben Monat werde ich ordiniert werden.

***

Ein Abschied fällt uns immer schwer – das ist natürlich auch bei Thara, unserer phantastischen Vikarin, so. Wir bedanken uns bei ihr für all ihre Arbeit in unserer Gemeinde und Gemeinschaft und wünschen ihr Gottes Segen für ihren Weg zu neuen Ufern in Deutschland!

Am Sonntag, 22. April werden wir Thara in einem gemeinsamen Gottesdienst um 11 Uhr verabschieden. Dazu sind alle herzlich eingeladen.

 

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